Ein Ring sie zu knechten!

rar

Ein Rennbericht, ein Rennbericht, ein Rennbericht!
So lang habe ich mich darauf gefreut, dat schreiben zu können und mein Geschwafel wieder in die Welt zu schicken! Zwischenzeitlich hatte ich auch mal gar nicht mehr daran geglaubt, aber jetzt Sülze ich euch wieder voll! Voll toll!

Er wird watt länger! Also macht’s euch bequem. Ich hab schließlich watt nachzuholen! Um’s schomma vorweg zu nehmen: Die Zusammenfassung is ungefähr so:
Watt’n Tach! Watt’n geiler Tach! Watt für ne Befreiung! Watt ne Fahrt! Watt für Krämpfe! Watt’n geiler Tach! :-D

Dat ganze Jahr und auch schon ne Weile davor, habe ich ja schon zig Mal versucht mich irgendwo zu melden. Unglaublich und zum Verzweifeln wie viele Versuche gescheitert sind, aber einmal mehr der Beweis, datt et sich doch lohnt, am Festland der Geduld zu verharren und sich nicht ins Ichwerdeniemalsmehrimlebenrennenfahrenundeshatdochsowiesoalleskeinensinnmehr-Meer zu stürzen. Saisonbeginn Ende Juli, allet is möglich! :D

Dat letzte Rennen auf schmalen Pellen liegt im Oktober nun 3 Jahre in der Vergangenheit. 3 Jahre!! Ich weiß nicht wo die Zeit hingerannt is, et war jedenfalls aufregend in jeder Hinsicht. Watt ich aber weiß is, datt man ein sehr gutes Schmerzgedächtnis hat, watt sich ca 2 Minuten nach dem Startschuss ganz automatisch und unausschaltbar hochfährt und Kopp und Haxen im Laktat ersäuft. O_O
Ich wünschte mein Gedächtnis würde sich andere Dinge auch so gut merken können über so eine Zeit. Namen zum Beispiel. Oder Keksrezepte.

IMG_5940Der Startschuss sollte für mich also bei Rad am Ring auf der 75 Kilometer Strecke fallen (hab ich HIER auch schon geschrieben). MTB wär ja auch nett gewesen, allerdings war da die erste Siegerehrung als ich an der Piste ankam. Um 10! Start um 8! Also mitten in der Nacht! Euer Ernst?! Und da haben tatsächlich welche mitgemacht! Chapeau! Nur zu toppen durch Willingen: 7:30h! Körper und Geist sind da bei mir noch voneinander getrennt, aber vielleicht auch ein gar nicht so verkehrter Zustand um Rennen zu fahren. hm.

Also drei Runden über den Nürburgring. Zur Auswahl standen noch eine Runde oder sechs. Eine war mir zu wenig im Sinne des Kosten-Nutzen-Aufwand-Faktors, was sich nach der ersten Runde jedoch schnell relativierte. Ab da habe ich mich dann einfach sehr darüber gefreut, dass ich nicht die 6 Runden gewählt hatte, was evtl. dann dem 24h Rennen gleich gekommen wäre – et gibt da ja keinen Zielschluss! :D

Die Fisimantenten-Familie bestehend aus Rennaufregung, Lampenfieber und Nervosität hatte ich schon bei der Online-Anmeldung zu Gast und wohl auch unwissend wieder verabschiedet. So wartete ich die letzten Tage vor der Ringraserei vergebens auf die sonst übliche Pre-Renn-Verwirrtheit, die erhöhte Darmaktivität und das Frühstück, was immer mehr wird im Mund am Morgen. Meinen Namen überhaupt auf der Startliste zu sehen war so klasse und so ne große Erleichterung, dat alles watt danach kam, sowatt war wie Bonus. Der Keks am Kaffee, die Sahne aufm Eis, die Eintrittskarte in den Renn-Genuss. <3

Die Strecke kannte ich nur aus Erzählungen, aber alle berichteten großartiges. Dat muss allerdings an der Schmerzdemenz unter dem Serotoninsuppenköpper beim Überfahren der Ziellinie liegen! Es ist niemals eben und dafür auch noch windig und es hat 500 Höhenmeter auf ner Runde von knapp 25 Kilometern. Rechne dat mal für 3 Runden zusammen! Oder gar 6! Ja, voll großartig! Äääh?! Ich nenne das eher maximal atemberaubend. Wortwörtlich. Ein Profil wie für mich gemacht! Nicht. >.<

So kommt der Titel ja auch nicht von ungefähr. Aber von vorne!

Die Autofahrt gleicht ab Ende der A1 einer Fahrt durchs Auenland. Klar. Immerhin geht et ja auch zum Ring. Willkommen in Mittelerde: Sonne, Hügel, Wälder, Felder, Tierchen und viel Frieden im Sonnenschein. Ich stellte mir vor, wie mich Frodo am Ring mit Lembasbrot empfängt und wir einen Krug Bier zusammen picheln, ehe mir Gandalf die Startnummer ans Rad zaubert und mich in den Startblock fliegt. Gleichzeitig habe ich gehofft, dass die anschließende Reise nach Mordor nicht so beschwerlich wird, ich aber trotzdem viele Freunde zur Seite gestellt bekomme.

Naja. Da war dann natürlich kein Frodo und die Nummern musste ich auch selbst ranfummeln. Hobbits hätten im Radsport vermutlich auch eh keine großen Sympathie-Chancen, weshalb sie dort auch nicht zu finden sind. Zu klein, zu viele Haare. :-D

Dafür hatte ich aber viele Gefährten. In meinem Rennen 762 um genau zu sein.
Und nomma 496 und 134 auf dem 150 bzw. 25 Kilometer-Karussell. Und noch viel mehr beim 24h-Rennen!

Das übliche Prozedere vorm Start bei Jedermannrennen: Warmfahren – is überflüssig. Bei knapp ner Stunde Startaufstellung stehste dir eh die Pinne innen Bauch und wirst wieder kalt. Dat schafft Zeit, aber auch ein ungutes Gefühl wenn man weiß, dat man so 20 Kilometer braucht, ehe man im Rennen ankommt und die Belastung beginnt richtig Freude zu machen.

Partielles Aufwärmen hat dann glücklicherweise die Sonne übernommen. Im Vorfeld wurde was von “grüner Hölle” gefaselt und “unberechenbaren Wetterkapriolen”, sodass ich sogar auf Schnee eingestellt war, die lange Klamotte aber glücklicherweise nicht ausgestellt werden musste.

Die lange Wartezeit kann man sich auch prima warmquasseln. Glücklicherweise war mein Sprachzentrum voll funktionsfähig und litt nicht unter Nervositätsnarkose. Schade, dass aufgewärmte Stimmbänder keine Auswirkung auf den Rennverlauf haben.

IMG_5927Um einen herum nur Gleichgesinnte und viele bekannte Gesichter. Als wär man nie weg gewesen. Hach, da fühl ich mich doch wohl. Besonders gefreut habe ich mich über das Gespann schnelleandersen-velobraut aus Berlin, die ich schon eine ganze Weile auf Instagram bestalke und großartig finde. Und auch jede Menge unserer royalbikewear-Trikotagen um mich herum. Wie schön, wenn man die hotten Stoffe auch mal in Action sieht und nicht bloß außer Bürokaschemme. Und näää, watt sehn die Fahrer alle jut aus!

Vorbereitet hatte ich mich ja nicht so wirklich auf die Strecke. Fuchsröhre (schnell runner) und Hohe Acht (sehr langsam rauf) wusste ich. Aber wo genau? Keinen Plan. In Anbetracht der Zahlenfakten rechnete ich mir ca. ne Stunde bis ne Stunde und 5 Minuten pro Runde zurecht. Außerdem gab es so Überlegungen wie
1. Runde einfahren und erstmal Strecke gucken
2. Runde gesehenes am Gashahn genießen
3. Runde ausrollen :-D

Nach dem Start ging’s auch sofort zur Sache. Alle hatten es gleich von Beginn an eilig, was das Einfahren zu einer sehr schmerzhaften Angelegenheit machte. Ich hätte meine Überlegungen vorm Rennen vielleicht etwas streuen sollen.

IMG_6077Der Anfang der Strecke ist gesäumt von Fahrerlagern und ein paar Mal hörte ich sogar meinen Namen, als wir dort durch düsten. Ich freue mich dann immer so sehr, dass ich gern anhalten würde für ein Pläuschchen, entschied mich aber dagegen um nicht für Irritationen zu sorgen. Wenn irgendwann mal jemand einen Keks raushält garantiere ich aber für nichts! So Jedermannrennen sind ja ne todernste Sache und auf der Strecke gab es ja auch noch genügend Menschen zum Quatschen. Allerdings nicht in der ersten Runde. Also vong 1 Luft her.

Da das Streckenprofil unbekannt war, erwartete ich freudig nach jeder Kurve was da wohl als nächstes kommen mag. Der zwischenzeitliche Blick auf den Tacho ließ mich fröhlich in mich hineinschmunzeln. Meistens konnte ich es durch ein sehr breites Grinsen auch zum Ausdruck bringen. Da bekommste ordentlich Speed drauf und merkst es nicht mal! Alles voller optischer Täuschungen! Sieht gar nicht steil aus. Die Breite täuscht! Das Wunschdenken kennt man ja vom Spiegelbild. :-D

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Also weder rauf noch runter erkennt man das Ausmaß von Steigung und Gefälle. Irre! Allerdings informieren die Beine recht schnell den Kopp, wenn man förmlich im Gegenanstieg klebt und innerhalb kürzester Zeit fühlt man sich so breit wie die Strecke.
IMG_6124Da ballert man ein paar Minuten runner um dann in wenigen Sekunden zu stehen! Als hätte Gollum das Hinterrad mit dem Schatz verwechselt und sich todesmutig ran geworfen. Samt einer ganzen Armada von Orks. Sehr schweren Orks! So eine Entschleunigung ist fast unverschämt!
Dat et nicht nur mir so ging verrieten die plötzlich auftretenden Menschenschwärme auf den Asphaltblasen, die aus den Abfahrten heraus schon gut zu erkennen waren. In der ersten Runde habe ich mich gefragt warum „da vorne“ alle stehen. Konzert? Demo? Kuchenbuffet? Aber die standen halt gar nicht, da war halt einfach „nur“ ein Anstieg. O_O

So schön die erste Hälfte dahinfliegt, so ekelig ist die zweite Hälfte der Runde. Da geht es gefühlt dann nur noch nur rauf. Voll schön.

2Besonders nett ist die Hohe Acht. Ich hatte ja keine Ahnung. Herrje und so naiv war ich auch. So schlimm kann’s doch nicht sein, wie alle erzählen. Ja! Harhar!
Die Steigung und die Geschwindigkeit von ca. 3 Km/h verrieten mir, dass ich nun mitten drin war. Ein Fahrer bestätigte auf Anfrage “Jo. Hohe Acht”. Ich fragte mich, wo ich für die nächste Runde einen Spaten herbekomme, um mir einen Tunnel zu graben. o_O

Beim ersten überqueren der Ziellinie feierte ich ein Ich-fass-es-nicht-Fest. Konnte nicht glauben was die Augen dem Verstand meldeten: 52 Minuten?!

Der Spaten kam nicht, aber die zweite Runde. Und mit ihr wieder diese Achterbahnfahrt auf der ersten Hälfte! Nachdem ich nun auch die ekelhafte zweite Hälfe kannte, dachte ich, dat et wohl schlau wäre in den Abfahrten Kräfte zu sparen und auch die Wellen nicht zu schnell anzugehen. Hatte ich dann aber 50 Meter später auch wieder vergessen. ups.
Die Strecke ist einfach zu geil zum schlau sein. Ohne Sinn und Verstand ging es über die ersten Knallgas-Kilometer. Vor der ersten Abfahrt drehte ich mich um und musste feststellen, dass da niemand in der Nähe war und so startete ich ein kleines Einzelzeitfahren, was dann auf der Hügelseite natürlich ein jähes Ende fand.

IMG_6131An der hohen Acht suchte ich wieder das Gespräch zu anderen. “War das in der ersten Runde auch schon so steil???” Komischerweise antwortete niemand.

So wie alles fiese, geht aber auch die Hohe Acht vorbei. Und die Hubbel danach. Und die lange ansteigende Gerade zum Ziel. Die mit vollem Gegenwind.

Und wieder eine Party an der Ziellinie. 54 Minuten!

Ich hatte ja sowieso mit nichts gerechnet, aber schon gar nicht damit unter einer Stunde zu bleiben. Und nu schon zum zweiten Mal! Genau so wenig gerechnet hatte ich aber leider auch mit den Marotten die dann folgen sollten.

Voll professionell und zur ganzen Vorbereitung passend, hatte ich mich für ne kleine Trinkflasche entschieden und davon natürlich eine. Was hat mich denn da geritten? 3. Runde und Pulle leer. So wie scheinbar meine Haxen. Krämpfe – na prima.

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Knapp 90 km/h *_*

Krämpfe und nix zu trinken sind ja eine wenig gute Kombination, aber so ist das halt als Anfänger :-D. Ich sah mich schon mit lustigen Verrenkungen am Rand liegen und hatte wirklich Schiss, ich könnte vielleicht gar nicht mehr ankommen. So zwang mich der Umstand in die kleinsten Gänge. Gleichmäßig kurbeln und bloß keine unüberlegten Bewegungen oder gar anhalten oder sowas. Der damit einhergehende Verlust an Tempo war ein Gewinn für die Luft. So konnte ich dann auch wieder Leute anlabern, schlechte Witze machen, Zuschauer zum Jubeln motivieren, Fahrer zu ihrer Zufriedenheit mit ihrer royalbikewear-Kleidung befragen … Kundengespräche im Radrennen :-D Nicht unbedingt was man sich zum Ende eines Rennens wünscht, aber es war eigentlich auch ganz witzig.

Immerhin offenbarte sich mir durch die Gegebenheit der Krampfanfälle die Gewissheit, dat die Reise nun zu Ende geht. Ich wusste, ich war angekommen in Mordor – es ist nicht mehr weit bis zum Ziel :-D Mein Plan ging auch auf: 3. Runde ausrollen :-D

IMG_5939Somit war das Bezwingen des Endgegners, die Hohe Acht hinauf zum Schicksalsberg, auch wenig spektakulär im eigentlichen Sinne. Es gab keinen Sprint, kein Gerangel um irgendeine Platzierung oder Stress mit der persönlichen Zielzeit, die mir noch niemals zuvor so wurscht war. Aber für mich da innen drinne war’s was ganz besonderes. Ich habe es so genossen. Und gefreut habe ich mich natürlich trotzdem über die 59 Minuten der dritten Runde und ganz besonders über Kiki im Ziel :-D.

2:45:50 Stunden. Platz 5 AK, 3 Minuten hinterm Podium und 9 inner Gesamtwerung isset immerhin geworden. Was für ein geiler Tag! Ich bin so glücklich! Und was ich noch bin?

Irgendwie sowatt wie zurück! *_*

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Fotos: Sportograf, privat

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Kommentare (4) Schreibe einen Kommentar

  1. Hi Jule,

    wieder mal ein klasse Bericht in dem man Deine Emotion ( und die der Anderen ) sehr gut greifen kann.
    Wir sind zwar nur zwei runden gefahren, aber es ist einfach der geilste Kurs den man in dieser kurzen Entfernung erreichen kann.
    Immer wieder geil und bei mir war es leider auch schon viel zu lange her das ich dort gefahren bin.
    Nächstes Jahr werden es sicher wieder ein paar Runden mehr ;-)) !!
    Aber sicherlich nicht mehr als 6… verrückt wer dort 20 oder so fährt…..

    Liebbe Grüße von Peter

  2. Hi Jule, tollen Bericht aus der Hölle. Weißt ja, auch wir haben eine Grüne Hölle, die ist aber nicht in der Eifel, sondern im Saarland, genauer in 66629 Freisen (http://www.g-h-f.org/highway-to-hell/), und bei uns dafst du dann auch mit dem MTB fahren. Dann schaffst du in 2 Stunden Rennzeit sicher auch 6, oder sogar 7 Runden. Also, fahr zur Hölle. Gruß Uwe

  3. Ich da im Schwarzwald, sonst wäre ich supergern dabei gewesen. Ich hoffe mal auf’s nächste Jahr! :-)

  4. Pingback: Lieblingsblogs Folge 80 - Coffee & Chainrings

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