Herzlich willkommen in Jules Soap-Blog “gutes Radeln, böses Radeln” :D Wenig Racegeschehen, dafür viel Randschischi. :D
Eigentlich wollte ich ja mit meinem letzten Blog hauptsächlich ankündigen, dass ich wohl bei der DM ziemlich weit hinter den Mädels ins Ziel komme, aber vor allem auch, dass es absolut okay für mich ist.
Spaß haben, Erfahrungen sammeln und vor allem einen Traum erfüllen. Einmal bei der DM dabei sein! Und damit natürlich ein unvergessenes Saisonende 2013 feiern! Ich wollte also quasi als Groupie ins Starterfeld :D. Noch nie war ich so entschlossen eine schlechte Platzierung einzufahren und ich wusste, ich würde stolz drauf sein wie nie :D
Warum soll man auch immer nur feiern, wenn`s super prima gelaufen ist?! Dann ist Erfolg doch immer sicher, oder?
Seit einer Woche nicht im Sattel. Infekt und Antibiotika bis 2 Tage vorm Rennen. Nicht unbedingt die besten Bedingungen, um zu ner DM zu fahren, um da auch noch mitzumachen. Schon Donnerstag fühlte ich mich aber als könnte ich Bäume ausreißen! Einarmig versteht sich! Und vom Arzt gab’s auch grünes Licht. Trotzdem nicht so schlau zu fahren, könnte man meinen! Rückblickend kann ich aber sagen: Es war sogar sehr schlau!
Und hätte ich mich nicht so gut gefühlt und wäre ich nicht SO sicher gewesen, dass es klappt, hätte ich mir die lange Fahrt und die ganzen Kosten sicherlich gespart! Ein bisschen vernünftig bin ja sogar ich mittlerweile! Aber: Hätte, hätte Fahrradkette! Gut, dass mich mein Körper verarscht hat, denn ich bereue nicht einen einzigen Kilometer!
So packte ich also am Samstag meine siebenhundert Sachen, als würde ich in einen einwöchigen Urlaub fahren, mit dem Gefühl, das erste Rennen meines Lebens zu bestreiten. Vor so dollen Rennen die weit weg sind, werde ich vor Aufregung immer zur Debütantin und um nix zu vergessen, nehme ich einfach alles mit! Hat den Vorteil, dass man nix vergisst. Ja, denkste!
Fast 480 Kilometer Nebelsuppe und Regen Richtung Schwäbische Alb. Prima dachte ich. Der Veranstalter versprach goldenes Herbstwetter – auf nix ist mehr Verlass. Aber tatsächlich! 30 Kilometer vorm Ziel riss der Himmel auf! Was für ein Anblick! Die Nebelsuppe war mir aber auf den Fersen und auch der Regen ließ nicht lang auf sich warten. Danach folgte Dauerregen.
Zuerst musste ich nach Bad Urach. Da sollte ich die Nacht wohnen und bis 18 Uhr mein Zimmer beziehen. Hier hab ich es mir auch selbst, zum ersten Mal richtig spannend gemacht :D:
Zimmer im Gasthof, Gasthof in Fußgängerzone. Fußgängerzone = nix Auto und nix Parkplatz. Also erstmal anner Kirche parken – die is ja bei so Dörfern immer inne Mitte und die Wahrscheinlichkeit gering, sich noch Blasen zu laufen. Schlaue Jule! Schomma Rucksack und Tasche mitnehmen und Abmarsch. Der Gasthof lag tatsächlich auch nur 300 Meter entfernt. Wäre er weiter entfernt gewesen, hätte ich wohl anhand von Lähmungserscheinungen in meiner Schulter gemerkt, dass meine Reisetasche mit ALL MEINEM ZEUG nicht über selbiger hängt, sondern wohl noch auf dem Parkplatz neben meinem Auto gastiert. O_O sehr schlaue Jule!
Nachdem ich erfahren habe, dass es einen Besucherparkplatz hinterm Haus gibt, hab ich erstmal die Karre rangeschafft um se auszuladen. Man könnte meinen, ich hätte dabei die Tasche gefunden. Ich bin dann aber nur drüber gestiegen um ins Auto zu kommen! Und als ich dann am Hotel ausladen wollte, folgte was? Richtig! Genau dass, was mir am Folgetag verwährt bleiben sollte! Ein meisterschaftstitelreifer und panikgetriebener Marathon! Zumindest mental. Im wahren Leben, die längsten 300 Meter meines Lebens – inklusive feinstes Kopfkino!
All mein Hab und Gut verpackt in einer Tasche! Alles weg!!! Im Geiste hatte ich den Dieb schon mehrfach ins Jenseits geschickt und führte schon 1000 Telefonate, um mir das ganze Zeug zurück zu organisieren! Und ich hasse Telefonieren! Kurz vorm seelischen Burnout kam ich am Parkplatz an. Noch NIE NIE NIE, habe ich mich so sehr gefreut meine Reisetasche zu sehen!!!
Ähnlich schlimm wie Tasche wech – is Zimmer wech. Zumindest im ersten Schockmoment. Beim Einchecken habe ich ein junges Paar kennengelernt, die auch gern ihr Zimmer beziehen wollten. Durch nen Fehler in der Buchung gab’s aber ne Doppelbelegung und das Zimmer war futsch – die Wahrscheinlichkeit, noch ne Bleibe zu finden? So hoch wie ne matschfreie DM 2013. Alles war verstopft mit Marathonfahrer*innen!
Der sympathische Austausch mit den beiden ergab, dass Frank auch den Marathon fahren wollte und seine schwangere Frau Manuela, für die Flaschenbetreuung zuständig sein sollte. Und nun waren die beiden ohne Heim! Ich werd verrückt! Eine moderne Version der Weihnachtsgeschichte im Frühherbst :D. Ob Frank auch Zimmermann war? Am Ende mussten die beiden aber nicht in den Stall, sondern nur in den Nachbarort. Die skurrile Dame von der Rezeption übernahm die Herbergssuche für die beiden und war am Ende Gott sei Dank erfolgreich! Falls ihr das hier zufällig lest: Ich wünsche euch Dreien nochmals alles Gute! Dat mit dem Flaschen reichen, klappt ja schomma! ;-)
Die Startnummernausgabe war unspektakulär, einfach und schnell. Meine Lizenz ging über den Tresen und fand zwischen den ganzen Promiplastikkarten ihren Platz. Dann war es so weit! Ich bekam sie! MEINE Startnummer. MEINE STARTNUMMER für die DM!! Am liebsten hätte ich die Tüte jedem unter die Nase gehalten: KUMMA KUMMA!! MEINE NUMMA!!!
Bevor ich aber die Contenance verlieren konnte, verließ ich den bereits regenaufgeweichten Platz und düste zum Ortsitaliener. Heute gab es mal keine Gummitiere, dafür hatte ich die Ehre mit Alex und den angereisten Rapiro Racern zu speisen.
Pasta-Party ist out! Pizza-Pasta-Party ist in! Wusste der Inhaber auch noch nicht! Vor ner erfolgreichen DM-Teilnahme hat eben auch ne Hauptspeise mal die Chance ne Vorspeise zu sein! Bei mir allerdings noch nicht – Ich denke für eine Erfolgssteigerung nun über eine entsprechende Magenvergrößerung nach :D
Vielen Dank für die kulinarische Adoption und den Ausflug in die Welt der Essgewohnheiten erfolgreicher Radsportler! Moritz Milatz gab’s übrigens auch – direkt am Nachbartisch lauerte er uns auf, um die Geheimnisse seiner Konkurrenz auszuspähen ;-)!
Fast hatte ich vergessen wie uffjerescht ich war. Bis ich wieder allein im Hotel war. Rennvorbereitung. Startnummern befestigen. Dabei 2 Sicherheitsnadeln auf dem Hypnosemusterteppich verlieren und mühsam wiederfinden.
Die Klamotten bilden eine Reihe auf dem Tisch, von links nach rechts in Anziehreihenfolge drapiert. Darunter eine Reihe mit Rückentascheninhalten, 3 Haufen nach Rückentasche separiert und darunter eine weitere Reihe mit optionalem Zubehör: Weste, Langarmtrikot, Regenjacke. Ich bilde mir ein, dass es so sortiert dadurch am Morgen schneller geht – ja ne, is kla :D
Einschlafen ging irre schnell! Aufwachen auch. Dank „Housekeller Traube“ gegenüber! Nicht um 6 Uhr, sondern mitten in der Nacht um 3.27 Uhr! Ich beobachtete rauchende, betrunkene und grölende Bad Uracher Höhlenmenschen, direkt unter meinem Fenster in der Fußgängerzone!! Töfte! Da kam selbst der Notfall-Einschlaf-Tatort-
Es half nix. Irgendwann war halt 6 Uhr. Hätte ich mehr geschlafen, hätte ich auch nich besser ausgesehen :D. Der Schlamm wird’s richten! Frühstück stand schon neben dem Bett.. Müsli und geschmierte Brötchen vom Vortag. Mmmmmh lecker – Nicht! Wird beim kauen immer mehr im Mund. Als nette Untermalung hörte man draußen den Regen prasseln. Endlich waren auch die Zweifel an meinem Verstand, dieses Rennen zu fahren, wieder da. Die Ordnung auf den Tisch, hatte sich wie durch Geisterhand zu einem wuseligen Utensilien-Knoten verwandelt. Und überhaut war nix mehr an seinem Platz.
Auf dem Weg nach Münsingen, verfolgte mich der BMC-Teambus mit Moritz Milatz. Und am Klo lauerte er mir dann auch noch mal auf :D! Das war dat dritte Mal da am Klo!! Da wär eigentlich ein Eis fällig gewesen, Männeken!!!
Statt zur Eisdiele ging’s dann aber zur Startrampe. Ich bin fast geplatzt, so uffjerescht war ich. Auf einmal ist der Moment da, an den man wochenlang gedacht hat. Plötzlich standen die Mädels da, die man nur aus Berichten, von Fotos, der auswendig gelernten Starterliste und sonstigem Gedöns kennt. Die Favoritinnen für die Medaille, direkt neben mir! In echt, live, bunt und in Farbe. Und ich mittendrin – als DM-Teilnehmerin. Schon absurd und verrückt auf eine Art und Weise! Aber zumindest damit kenn ich mich ja aus.
Ich glaub ich hatte sogar kurz mal ne Gänsepelle! Mit ziemlicher Sicherheit aber tellergroße Augen und mein Mund stand bestimmt auch offen – wie peinlich. Ich hätte so gerne Fotos gemacht, um meiner Groupie-Vorstellung gerecht zu werden, aber ich dachte in der Rennanspannung kommt dat vielleicht nich so gut :D.
Ich hab mich megamäßig darüber gefreut, da zu stehen, wo ich stand und auch Manuela wiederzusehen und Jana, die ich in Zierenberg kennengelernt habe. In so Momenten sind bekannte Gesichter zusätzlich Gold wert! Außerdem kann man sich so gegenseitig bemitleiden und/oder Mut machen! Also bei mir natürlich „und“.
Apropos Mut machen! Da hab ich dann noch gedacht mein Schwein pfeift! Aber sowat wie mein Lieblingsschwein! Dann wenne denkst, dich kennt sonst keiner: „Du bist doch die Jule oder?“ ÄÄH WATT?! Wieder offener Mund und Telleraugen! „Du hast nen super Blogbericht geschrieben! Nachdem ich den gelesen hab, hab ich mich entschieden auch zu kommen!“ Leute!!! Da hatte ich nen 200er-Freudepuls und konnte kaum fassen, was ich da gehört hab! Das war ja wohl das GEILSTE ÜBERHAUPT!!! Da war noch jemand mit dem gleichen „Eigentlich gehör ich hier nicht hin – Background“ aber mit der „ich trau mich trotzdem-Entschlossenheit“. „Hobbysportler mit Lizenz“ haben bei einer DM also durchaus eine Daseinsberechtigung!!! Allein für die Erkenntnis hat es sich doch schon gelohnt zu fahren! :D Ich hab ne „Hobbysportler mit Lizenz-Schwester“ – ich hab gehofft, Dich nach dem Rennen noch mal zu treffen … schade, dass es nicht geklappt hat! Ich hoffe es ist Dir halbwegs gut ergangen??
Es folgte die Aufstellung auf der Startrampe, die gar keine Rampe war. Und wenn doch, würde ich mich schon auf die Berge freuen :D. Mit Startrampe war aber dann wohl die Wiese (oder auch “the wall”) gemeint, die unmittelbar nach dem Start folgen sollte. Zu Fuß! Da bekommt der Begriff Rampensau ne ganz andere Bedeutung! Naja… „Wat jetzt nich is, wird jetzt wohl auch nimmer werden …“
„Der Start erfolgt in Kürze“ PENG! Ich raste los! Mit einem Abstand von 5 Metern ging es vor dem Feld auf die Rampe. Auf dem dicken Kettenblatt habe ich die Rampe weggedrückt und wartete oben auf das Feld um … … ja ja … man wird ja wohl noch träumen dürfen :P
Also nomma: „Der Start erfolgt in Kürze“ PENG! Ich raste los! Hinter dem Feld ging es auf die Rampe. Erst das kleine Blatt, dann runter vom Rad. Mit einem Abstand von 5 Metern ging es dann dem Feld hinterher … 6 Meter, 7 Meter, … Beine zu, 10 Meter, 11 Meter, … Luft weg, … 20 Meter, 30 Meter … Da war kein Mann mit ner Keule! Der hatte ne Sense! :D
Es war ziemlich schnell klar, dass ich vielleicht doch nicht so auf dem Damm war, dass es reicht, Rennen zu fahren. Und, dass es nicht mal dazu reicht, letzte zu werden :D Manuela hat noch versucht zu helfen und mich ran zu fahren, aber es ging einfach nichts. Vielen Dank für Dein großes Herz und Deinen Sportsgeist!!! :*
Im ersten Anstieg, verlor ich meine gesunde Gesichtsfarbe und oben zwang mein Kreislauf mich dann zum Aufgeben. Auch mit der Brechstange wär da nichts mehr gegangen. Die hatte ich außerdem schon im ersten Anstieg total verbogen :D.
Das war schon bitter und traurig war ich natürlich auch. Klar. Aufgeben gibt’s sonst eigentlich nicht so einfach und vor allem: nicht so schnell. Dann auch noch bei diesem Rennen … Ich wusste, es fiebern so viele Leute mit mir mit und ich hätte mich so gern, mit nem Racebericht der SonderExtraklasse bedankt :D. Aber hier war es wirklich aussichtslos. Ich war nicht gesund, auch wenn es sich zuvor so anfühlte. Mit dem Gedanken „der Geist ist willig, doch der Körper war schwach“ suchte ich mir den Weg zurück zum Start.
Der Weg zur Dusche, glich auch einer Marathonstrecke. Genug Zeit sich selbst zu therapieren und im Anschluss, voller Spannung, die Sieger der DM zu erwarten. Silke Schmidt hat sich unter jedem ihrer mühevoll erfahrenen Schlammspritzer so gefreut, dass ich mich selbst so mitgefreut habe, als wär ich selbst über die Ziellinie gefahren. Ein prima Ersatzprogramm, wie ich finde! Hätte ich ja eigentlich nicht sehen können. Man kann eben nicht alles haben! :D
Herzlichen Glückwunsch, an die Sieger UND an all die tapferen Mädels, die bei den Ekelbedingungen durchgehalten haben! Ich finde das so großartig! Also Männers! Ihr ward natürlich auch bombe :)
Dass ich weit weit hinten ins Ziel komme war klar, aber dass ich gar nicht ins Ziel kommen könnte, damit hatte ich einfach nicht gerechnet. Womit ich aber auch so gar nicht gerechnet habe ist, dass man aus so einer Erfahrung so viel Motivation ziehen kann, dass man denkt, man möchte auf der Stelle vor Freude platzen! Nach innen und nach außen gleichzeitig!!
Klugscheißmodus an: Es hat halt alles seine gute Seite! Klugscheißmodus aus :)
Außerdem ist es doch toll, wenn trotz Regen, die ganze Zeit die Sonne scheint! Uns wenn’s halt doch mal regnet, hat garantiert jemand nen Schirm dabei – oder Kuchen ;-)!
Ich bin mega glücklich, dass ich da gewesen bin und ich freue mich so was von riesig auf die nächste Saison, dass ich gar nicht weiß, wie ich jetzt den Winter überstehen soll :D Ich hoffe jedenfalls, dass Winter schneller aufgebraucht ist, als die Motivation und ich euch alle schnell wieder sehe!! :D
Erstmal muss ich jetzt aber die Ladung Rückfall-Antibiotika aufessen …
Das Leben ist schön! :-)
ps: Die nächste DM ist in wieder St. Ingbert, beim 15. Bank1Saar Marathon, am 6./7. September 2014 :)
hast du wieder ganz toll geschrieben und faszinierende momente schön festgehalten.
wenn du im winter dann mal ein bissl von deiner motivation zu viel hast, schick mir ein wenig rüber, du weißt ich kann sie gebrauchen.
mach weiter so.
Einfach nur schön geschrieben, voller Leben, wie die Autorin halt eben so ist! Und hoffentlich bleibt! Jetzt schnell gesund werden und – toi, toi, toi – bleiben, zumindest für die nächsten 25 Jahre oder so! Wenigstens! :-)
Super Sportsgeist und klasse geschrieben, wünsch Dir fürs nächste Mal genug Power und Gesundheit um ins Ziel zu kommen, darauf kannst du dann aufbauen :)
Dankeschön!! Ich freu mich sehr, dass ich euch ein wenig bespaßen konnte :-)
Na sauberst! Immer wieder schön sich selbst in deinen Rennberichten ein wenig wiederzuerkennen Stichwort “Anziehreihenfolge” :D Lass dich nicht runterkriegen und mach weiter so! :)
Grüße
Luksen
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