GRAVEL. Ein schmaler Grad zwischen Rennrad und Mountainbike, eine Nuance zwischen Gleiten und Geröll. Mittendrin in der Ritze: das Gravelbike. Was für die einen nicht Fisch und nicht Fleisch ist, ist für die anderen die perfekte Symbiose, um durch‘s Geröll zu gleiten. Für mich auch. Und ich glaube fest daran, dass es sich weiter hartnäckig festsetzen und diese feine Ritze endgültig und dauerhaft schließen wird. Eine nützliche Transformation, bis wir dann irgendwann wieder beim klassischen Mountainbike sind :-D
Das neue Backroad ist für mich jedenfalls der geilste Ritzenfüller, den ich mir hätte vorstellen können. Es hat meine Erwartungen übertroffen und ich hätte nicht gedacht, dass es der sandfarbenen Vorgänger-Schönheit so schnell den Rang abfährt. Abgefahren! Für die, die es schon haben: Wann fahren wir? :-D
Für alle die es bestellt haben: Jede Minute Vorfreude lohnt sich! Für die, die überlegen zu bestellen: Tut es! :-D
Außer meiner extremen Schockverliebtheit und der Tatsache, dass es ein Fahrrad ist und auf den Namen Backroad hört, hat das neue Gravelgeschoss mit seinem Vorgänger nicht mehr wirklich was an der Brause. War die 2018er Version ein Crosser-Update im neuen Farb-Mäntelchen, so haben wir es nun mit einem richtigen Gravelbike zu tun. Meiner Meinung nach ohne Kompromisse.
Entschieden habe ich mich für das 51er Backroad Limited in der Sonderlackierung „Midnight Laser Gray“ oder auch kurz und inoffiziell „Bling-Bling“. Erstmal graues Mäusken, aber bei Lichteinfall fällt der graue Schleier und es funkelt in diesen ganzen dollen Farben. Irre! Und richtig Bling-Bling eben!
Seit knapp 2000 Kilometern bin ich auf dem Gravelgeschoss unterwegs und genieße die Vielseitigkeit meiner gewählten Tourenprofile. Von fein bis grob, von glatt bis rau, von flowig bis wurzelig. Ich vermisse bisher nichts, was aber sicherlich auch an dem Gravel-Gesamtpaket liegt.
Die richtigen Komponenten zusammenzustellen ist gar nicht so einfach. Die Möglichkeiten sind mindestens so vielseitig wie die Einsatzbereiche, darum ist es von Vorteil vorher genau zu überlegen, was man mit dem Teil überwiegend anstellen möchte. Ich denke dann hat man die meiste Freude daran und die größte Freiheit damit.
So, ich zeig mal ein bisschen was vom Backroad und wie und warum mein Bling-Bling-Ritzenfüller so ausgestattet ist, wie er ausgestattet ist.
Das Fahrgestell
Clean und aufgeräumt kommt es daher – Diesmal ist alles „im Rahmen“.
Die neue Geo bringt Komfort und Stabilität mit sich, wodurch man ja prinzipiell effizient und schnell unterwegs sein kann. Gemütliches und schnelles Staubaufwirbeln – im wettertechnischen Idealfall jedenfalls. Schuld daran sind im Detail wohl die tief angesetzten, asymmetrischen Kettenstreben und das asymmetrisch angesetzte Sitzrohr mit Flex-bringender-Aussparung und Sattelklemmen-Versteck. Wer jetzt woran Schuld hat und wofür genau verantwortlich ist, fragste Dich nicht mehr, wenn du merkst, dass das Teil so geil rollt, dass es sich fast selbst überholt :-D.
Der Reach ist etwas länger geworden, wodurch es meiner Meinung nach insgesamt etwas größer ausfällt. Das kommt der Laufruhe zugute, aber es fährt sich mit dem kurzen 70er-Vorbau dennoch agil und flink, so dass ich regelmäßig zu kleinen fahrtechnischen Ausrastern ins Gemüse abbiegen muss. Das ist volle Pulle Fahrspaß im Wechselbad aus On- und Offroad, sage ich Euch.
Und überall sind Aufnahmen für Taschen! Überlegt doch mal, wie viele Kekse man da mitnehmen kann!!
Achso, für das ganze technische Gedöns und die nackten Zahlen im Detail könnt ihr am besten mal bei Rose vorbei schauen oder die tollen Testberichte studieren – ich verlinke in jedem Fall unten drunner.
Schalten vs. Gängeknallen
Die Shimano GRX RX 810 Di2 in „einfach“ sorgt vorweggenommen für galaktisches Schalten. Und die Akkuanzeige leuchtet übrigens immer noch satt grün, nach gut 2000 Pistenkilometern. Butterweiches Gängeknallen könnte man das nennen. Meine erste elektronische Schaltung am Sportgerät und garantiert nicht die letzte, falls ich noch mal vor der Wahl stehe. M E G A G U T! Zwischen der klassischen Schaltweise und dem elektronischen Summsen liegen allerdings auch ein paar Scheinchen, mit denen man ggf. auch andere schöne Dinge kaufen könnte. Pack-Taschen zum Beispiel. Oder Kuchen. Oder sinnvollerweise beides.
Einfach oder kompliziert oder einfach Zweifach?
Die Frage aller Fragen für viele. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich von dem „Einfach-Trend“ nie wirklich begeistert war. Jedenfalls von der technischen und der praktischen Seite. Ich oute mich mal als Schaltsensibelchen. Ich mag ich die teilweise doch etwas groben Abstufungen gar nicht gut leiden. Der eine Gang zu dick, der andere aber zu leicht … Das. Nervt. Mich.
Auf dem MTB hatte ich vor Jahren die ersten Berührungspunkte und da fehlte mir oft in den steileren Anstiegen und öfter in den flachen „Baller-Passagen“ ein paar Gänge. Besonders in den Marathon-Rennen und bei HIT-Intervallen. Vielleicht habe ich da aber „einfach“ auch nie die passende Übersetzung für mich gefunden. Naja … und bevor das passieren konnte war ich ja dann weg von der Startlinie :-D.
So richtig glücklich war ich jedenfalls nur mit dem 2. Kettenblatt. Dem Baller-Blatt :-D!
Optisch punktet der Singel-Blatt-Antrieb aber schon. Auch wenn sich das Auge erstmal an die Riesen-Kassette gewöhnen musste. Ich mag ja den Umwerfer, der nicht da ist und das ganze andere abwesende Gedöns am Lenker. Alles nur Ballast. Gewicht ist ja nicht so wichtig, Hauptsache leicht! Das ganze Rad inklusive Pedale, fetter Reifen+ 2x 40ml Milch, Flaschen-, Garmin- und Rücklichthalterung wiegt übrigens 8800 Gramm.
In Bezug auf das Gravel war ich der 1x 11-fach Schaltung also schon sehr skeptisch gegenüber. Ob mit oder ohne Startline – Rennen fahre ich ja auch gern mal mit mir selber. Schlussendlich hat mich die Optik dann aber rumgekriegt. Man muss ja auch mal was wagen. Zudem besteht beim Backroad aber auch die Möglichkeit umzurüsten. Der Shifter ist von Haus aus schon verbaut und die Aufnahme für den Umwerfer natürlich vorhanden. Ein gutes Sicherheits-Backup für mein Gewissen.
Also lange Rede kurzer persönlicher Sinn: Nach vielen Gravel-Touren vermisse ich das Baller-Blatt nicht mehr und finde die Schaltgruppe, so wie sie ist, perfekt für mich. Angenehm zu fahren, an die Abstufungen gewöhnt und Ballern klappt auch ganz gut damit :-D.
Für Rennen würde ich mich allerdings immer wieder für 2-fach entscheiden, wenn ihr sehr viel Asphalt fahrt gegebenenfalls auch und für bergigeres Grundgelände vermutlich zu einer anderen Übersetzung raten.
Welche Übersetzung?
Hier habe ich nichts konfiguriert und die von ROSE vorgeschlagene Kombination aus 40er Kettenblatt und einem 11-42 Kränzchen gewählt. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was da so der Standard ist. Gibt es einen? Wählt eure Übersetzung danach aus, was ihr mit eurem Gravelgeschoss so vor habt, in welchem Terrain ihr hauptsächlich unterwegs seid und wie anstrengend es sein darf.
Für meine Zwecke und Vorlieben reichen die Möglichkeiten so vollkommen aus. Ich fahre gerne wellig im Gelände, aber auch sehr gern flowig durchs Flachland. Naja und mit diversen „Fast for Fun-Ausrastern“ eben. Vielleicht teste ich irgendwann noch das 42er Blatt. Bzw. dann wohl eher meine Haxen.
Die Anstiege hier sind nicht so lang (mehrheitlich kurz und steil), dass ich Kassetten-Zähne vermissen muss. Wer „giftig und steil“ jedoch lieber entspannter fahren möchte, trifft bei der Übersetzung besser eine andere Wahl. Wird der Untergrund im Anstieg sehr grob und/oder lose, sollte man traktionstechnisch schon mal ein paar Meter ne höhere Kadenzen fahren können, um den Grip nicht zu verlieren.
Für mich ist das Verhältnis der hochprozentigen Mini-Anstiege zu den soften Wellen stets in der Minderheit, darum trete ich hier und da lieber mal mehr rein, als mich in der Ebene mit Widerstand und Geschwindigkeit zu limitieren, oder dann dort unnötig einen auf Nähmaschine zu machen. Aber das ist auch Geschmackssache.
Jule, watt is denn datt für’n Lenker?
Meine erste Antwort darauf ist immer: Ein geiler! :-D
Die zweite Antwort ist: Ritchey WCS Carbon Venturemax.
Kontrolle (=Sicherheit) und Komfort durch ausgestellte Drops mit ergonomischen Hubbel, Flare und abgeflachtem Oberlenker. Viele Griffmöglichkeiten = viele Variationen in der Sitzposition. Besonders für lange Touren und Offroad-Abenteuer vorteilhaft.
Nachteil für Bikepacker sind vermutlich die fehlenden Befestigungsmöglichkeiten. An den einzigen beiden runden Stellen am Oberlenker, sind die Satellitenknöppe montiert. Meine Akkubeleuchtung kann ich aktuell nicht am Lenker spazieren fahren und muss für die dunkle Jahreszeit auf eine Gabelhalterung zurückgreifen. Oder ich schicke die Satelliten ins All – mal sehen. Auf manche Touren nehme ich auch gerne eine dezente Klingel mit, aber auch die hat keinen Platz. „Gott sei Dank“, werden jetzt manche denken. Ich finde die auf belebten Wegen jedoch sehr hilfreich. Genauso hilfreich und verpönt wie Schutzbleche bei Regen.
Augen auf beim Reifenkauf
Die Wahl der Reifen finde ich elementar. Bis man das passende Gummigemisch, in der richtigen Breite, mit bestem Profil für sich gefunden hat, können allerdings schon mal ein paar Montagen vergehen. Noppen, Nuppis, Stollen, Rillen … 35, 38, 40, 45 …
Wie grob oder fein und ob es etwas mehr sein darf, hängt natürlich auch von den Untergründen ab, auf denen ihr so rumrollen möchtet. Breite Reifen bremsen nicht – wenn ihr sie artgerecht benutzt und sinnvoll befüllt :-)! Im Gegenteil.
Unterscheiden sich die Touren im Untergrund sehr, bietet sich ggf. auch ein zweiter Laufradsatz zum schnellen Wechseln an.
Der gelieferte WTB Venture Road in 40er Breite hat relativ schnell die Felge verlassen und Platz gemacht für den 45er Riddler. Beim Venture hatte ich immer ein Kippgefühl in den Kurven und der Halunke hat immer so viele Steine aufgesammelt … rollte auch nicht so doll. Und ich wollte gern noch mehr Breite. Die MTB-Gene … :-D
Auf dem Mavic Allroad Pro war der Riddler (entgegen meiner Erwartung) auch schnell und problemlos montiert. Tubeless natürlich und sogar auf Anhieb Dicht. Perfekt! Durch das größere Volumen und die schlauchlose Montage, kann ich im Gelände geringen Reifendruck fahren und habe neben perfektem Rollverhalten auch noch besten Grip. Weiß ich, dass die Tour weniger ruppig wird oder ich ne Einkaufs-Tüdel-Tour mache, erhöhe ich den Druck und genieße schnelles vorankommen.
Ich kann den Riddler wärmstens empfehlen und hoffe, dass er auch noch in 47er Breite auf den Markt gespült wird, denn der würde auch noch in Gabel und Rahmen passen. Trotz der Breite, rollt er auf Asphalt mit maximal 3,8 Bar nahezu wie ne schmale Pelle ohne Profil mit doppelt so viel Bar.
Mit so nem Gravelbike kann man verdammt viel Freude haben und für mich ist es eigentlich auch viel mehr als ein Ritzenfüller alias Bindeglied zwischen Rennrad und MTB. Natürlich ist man auch limitiert, weil man nicht so schnell ist wie mit dem Asphalt-Hobel oder ruppige Trails nicht so viel Laune machen wie mit dem Gelände-Trecker, aber dazwischen liegt noch sehr viel Geröll, Spaß und Leidenschaft.
Viel Freude in der weiten Gravelwelt!
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Mein Blog zum Backroad Modell 2018