Nu hocke ich hier auf der Couch und blicke zurück auf ein Wochenende Saisonstart. Die Vorbereitung bestand aus ner ebenen Ruhewoche mit bergigen Stunden voll von Nervosität. Hätte ich die Berge doch mal lieber ins Training eingebaut! :D
40 Kilometer und 1000 Höhenmeter sollten beim Kellerwald Bikemarathon die ersten Erkenntnisse über Parallelen zum Wunschtrainingszustand oder besser: Differenzen vom Ist- zum Soll-Zustand bringen. Um mir der Erkenntnisse am Ende auch wirklich ganz sicher sein zu können, hatte ich noch den tollen Einfall, mich auf die doppelte Distanz umzumelden. Ist ja auch völlig logisch gerade zum Saisonstart eine Streckenlänge zu wählen, die allen bisherigen zahlenmäßig überlegen ist. Ein für mich doch eher untypischer und erschreckender Gedankengang. Aber man muss sich auch mal selbst überraschen und es war halt grad kein Kuchen da.
Begonnen hat dat Wochenende aber erstmal mit dem Umzug in das hessische Frankenberg. Bei dem Packvolumen meiner unsortierten Utensiliensammlung ist das Wort “Umzug” auch durchaus wörtlich zu nehmen. 20 Autominuten vom Start entfernt, ließ mich Mr. Rapido Rapiro Rebs an seinem geografischen Luxus Teil haben und bot mir nicht nur ein Quartier, sondern auch ne exquisite Vorbelastung durchs, übers und aufs obere Edertal samt 88-Stufen-Sturm auf die Kellerburg in Battenberg. Hier bot sich auch der erste imposante Ausblick auf die Pulsuhr, die mich mit 185 Schlägen auf den bevorstehenden Renneinsatz vorbelastete.
Und der kam flott. Während die Fahrt nach Gilserberg am Sonntag, mit dem kitschigen Erwachen der Natur, einem Sightseeing durchs Auenland glich, war in Kopf und Bauch schon der Untergang von Motivation und das Aufleben der Renn-Panik in vollem Gange. Kellerwald! Das neue Mordor für die Sinne. :D “Flieht ihr Narren”, dachte ich und fand mich kurz darauf bei der Orga zum Ummelden auf die 80km-Runde wieder. Verrückt.
Nach dem Startschuss folgte eine staubige Einführungsrunde, ehe es gleich in den ersten Anstieg ging. Startphasen sind ja meine Spezialität! NICHT. Genau so wie Startanstiege! Die gern gewählte Kombination aus beidem, verwandelt meine Beine kurzerhand in Betonklötze. Aber nach dem zweiten Anstieg bei gerade mal Kilometer 20 war der Beton ja auch schon wieder weg :D. Die Mädels natürlich auch und netterweise hat der Empfang vom Garmin gleich auch noch die Flucht angetreten. Alle paar Minuten kehrte er mal wieder für ein paar Sekunden zurück, um mich mit seinem ständigen An- und Ausgeräusch in den Wahnsinn zu treiben. Mentaltraining?!
In einer recht flachen Passage ging’s dann endlich rund. Kette rechts und ab dafür! Der Kampfgeist gegen die Uhr war geweckt. Die Trails ein Fest! Mit ein paar Jungs im Schlepptau ging’s über die Piste und es rollte wie Sau. Wie fliegen! So schnell, dass vorne keiner mehr zu sehen war! Ehh häh? Vorne?! Dafür tauchte dann nach einer Weile aber ein bereits passierter Streckenabschnitt vor uns auf. Ehh häääh? Strecke?! Viele fragende Gesichter und eine gemeinsame Erkenntnis “hier sind wa wohl falsch”.
Und obwohl Kellerwald irgendwie dunkel klingt – isser dat in Wirklichkeit eigentlich gar nich! Für mich allerdings dunkel genug, um an der dezenten Streckenbeschilderung vorbei zu rauschen. Ich weiß nicht wie viel Zeit es gekostet hat – der Garmin war ja fort und eine Rekonstruktion unmöglich, aber es war nicht wenig und genau so viel, dass sich die Motivation der Reihe an Flüchtlingen anschloss. Prima. Aussichtslose Aufholjagd oder Bummelkurs oder irgendwas dazwischen? Ich konnte mich nicht entscheiden und das Rennen fiel am Ende wohl der Unschlüssigkeit zum Opfer.
Kellerwald klingt übrigens nicht nur dunkel, sondern auch tief! Im Gegensatz zu der dunklen Eigenschaft ist hier aber auch was dran. Denn da wo was tief ist, ist auch was hoch! Die Anstiege dort sind von einer ganz besonderen Art! Die treiben nämlich ein ganz lustiges Spielken mit einem: da wo der natürliche Instinkt dir sagt, “du bist jetzt oben”, geht’s erstmal richtig los. Frei nach dem Motto “Höher, steiler, weiter”, wird einem spätestens im Schlussanstieg die Birne weich gekocht. Die Beine drohen mit Krämpfen und die Tatsache, dass man alles zweimal zu bewältigen hat, macht’s irgendwie auch nicht angenehmer. Steile Rampen noch und nöcher – da bekommt der Begriff Rampensau auch ne ganz andere Bedeutung.
Die schnellen Abfahrten trieben regelmäßig ne Dosis Adrenalin in die Pinne und die ausgebremsten Trails lockerten die krampfige Muskulatur. Gut durchgerüttelt hab ich mich dann auch nach unsäglichen 4 Stunden und 30 Minuten ins Ziel gerollt. Das war noch so eben Top 10 und Platz 3 in der Altersklasse. Und damit sprang sogar noch eins von diesen riesigen fantastischen Holzofenbroten des Schwälmer Brotladens raus, die es dort zur Siegerehrung gibt. Im Startbeutel Kinder-Riegel und Kinder-Country, bei der Siegerehrung das beste Holzofenbrot der Welt und dazwischen eine top organisierte Rennveranstaltung mit allem Zipp und Zapp! Die haben’s drauf! Mit einer Tombola wurde auch noch nahezu jeder Teilnehmer zum Sieger – aber gewonnen hatte eh schon jeder, der am Sonntag Teil der Veranstaltung war! Und ich hatte bei gleichem Preis sogar noch mehr Kilometer – würde ich aber wohl auch gern im nächsten Jahr drauf verzichten :-)
Die Ausbeute fürs Team war großartig. Mathieu ist als erster der Kurzstrecke über die Ziellinie gerollt, Constantin folgte auf Platz 9 und 8er seiner AK. Dicht dahinter René auf dem 10ten Platz und 2 Ak. Steffen fuhr auch 2 Runden und wurde insgesamt siebter, womit er auf Platz vier und nur knapp neben dem Podium landete.
Es sollte eigentlich deutlich weniger Fahrzeit werden, aber in meiner ausgetüftelten Planung hatte ich wohl die Anstiege vergessen :D. Ups! Bestimmt ein Schutzmechanismus oder so was. Ein fehlender Verfahrer hätte aus meiner Eigenschaft einer Rampenraupe aber auch keinen Schmetterling gemacht. Ne … auch keine Rampensau. Und die Platzierung war auch schon in Stein gemeißelt. Von daher weiß ich jetzt was ich zu tun habe und hoffe, dass die kommenden Rennen wieder näher an meinen Zielzeiten liegen. Zumindest weiß ich, dass 80 Kilometer machbar sind. Und wer weiß schon, was in Zukunft noch für Etappen und Herausforderungen warten :-)
Es war toll euch alle wiederzusehen! Passiert ja jetzt endlich wieder öfter!
Und noch mal nen dickes Danke für die Herberge!
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Glückwunsch zu der super Leistung! Es freut uns, dass unser Brot so gut geschmeckt hat! :-)
Das Brot hat nicht nur mich, sondern auch meine Arbeitskollegen im Büro und Freunde glücklich gemacht! Ich hab’s auch mit großer Freude geteilt! Nochmals vielen Dank!! :-)
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Ist immer wieder schön dich live zu treffen und vor allem mal 5 min zeit zum Quasseln zu haben. Freu mich schon auf den Schinderhannes, da sehen wir uns bestimmt auch.
Klasse 80 Kilometer +++++++ ein wenig :-) du brauchst ein Navi fürs Bike. :-)